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Mit Straßennamen an Zwangsarbeiter erinnern

Copyright: Archiv des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz

In Lichterfelde-Süd treffen zwei Superlative aufeinander, die kaum unterschiedlicher sein könnten: Berlins aktuell größtes Wohnbauprojekt und Berlins ehemals größtes Kriegsgefangenenlager. Drei Bürgerinitiativen ist es zu verdanken, dass am authentischen Ort der Vergangenheit gedacht werden soll – doch an der Umsetzung hapert es derzeit noch. Die FDP bringt eine neue Idee ein.
Seit mehr als zehn Jahren beschäftigt das Bauprojekt Lichterfelde-Süd die Bezirkspolitik. Dort, wo bald ein neues Stadtviertel für ca. 6000 Menschen entstehen soll, befand sich zwischen 1940 und 1945 Berlins größtes NS-Kriegsgefangenenlager. Mehrheitlich französische Kriegsgefangene wurden im sogenannten Stammlager III D vom NS-Regime zur Arbeit gezwungen. „Dieser Vergangenheit muss am geschichtsträchtigen Ort gedacht werden“, bekräftigt die kulturpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion in der BVV Steglitz-Zehlendorf Katharina Concu. Drei Bürgerinitiativen haben sich dafür eingesetzt, dass die Überreste des Lagers erhalten bleiben und so das Vergangene für zukünftige Generationen nachvollziehbar werden kann.

Wie aus den Unterlagen zum Bebauungsplan hervorgeht, muss der Investor vor Baubeginn archäologische Ausgrabungen vor Ort vornehmen lassen sowie Gebäude erhalten. Eines davon wird für einen Lern- und Gedenkort saniert und auch ein Leitsystem soll Besucher später durch das Viertel auf Spurensuche mitnehmen. Concu weist darauf hin, dass laut Amt derzeit die Finanzierungsfrage des zu schaffenden Lern- und Gedenkortes noch nicht geklärt ist. Auch werde weiterhin ein Betreiber gesucht.

„Die Aufarbeitung der Geschichte des Stammlagers in Lichterfelde-Süd und die Erinnerung an die Opfer sind eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, unterstreicht Concu und schlägt daher auch aufgrund der internationalen Tragweite und des Ausmaßes des Lagers vor, neu anzulegende Straßen im Wohnviertel nach inhaftierten Zwangsarbeitern zu benennen.

„Generell gilt, dass, sobald es im öffentlichen Interesse erforderlich ist, öffentliche Straßen zu benennen sind“, erläutert Katharina Concu mit Verweis auf die Ausführungsvorschriften. In Steglitz-Zehlendorf werden nur Namensvorschläge für Straßen mit einem direkten Bezug zum Bezirk berücksichtigt. „Dies ist im Falle der Zwangsarbeiter des Stammlagers Lichterfelde aber auf jeden Fall gegeben“, sagt Concu und hofft, dass auf diese Weise des Gedenkens im Alltag auch die Einzelschicksale der Lagerinsassen sichtbarer werden. „Die jüngste Sonderausstellung im Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit 'Vergessen und vorbei? Das Lager Lichterfelde und die französischen Kriegsgefangenen' verdeutlicht die Bedeutung dieses Lagers und fordert den Bezirk in seiner historischen Verantwortung“, betont Concu.