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FDP kritisiert:

Intransparenz des Senats gegenüber Bezirken

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Berliner Senat hält Bezirke klein

„Steglitz-Zehlendorf ist ein reicher Bezirk!“, das ist die Meinung vieler Bürgerinnen und Bürger. Wenn man die Bevölkerungsstruktur ansieht, mag das so zwar wirken, aber wenn man mit Haushaltsexperten spricht, ist dem nicht so. Steglitz-Zehlendorf steht finanziell schlecht da, und der Bezirk ist sogar ein Spezialfall.
Alle Bezirke im Land Berlin haben aber eines gemein: sie sind keine unabhängigen Kommunen, die ihre Einnahmen selbstbestimmt generieren können. Sicher ist der Einkommenssteueranteil im Südwesten Berlins gut bis sehr gut, aber alles geht an den Senat und den Bezirken wird dann von dort ihr jeweiliger Anteil zugeteilt. Der Bezirkshaushalt als Teil des Landeshaushalts hat einen sehr hohen Anteil pauschaler Kürzungen – im Fachjargon Minderausgaben genannt. Viele der Gelder, die eingestellt sind, können nur weiter- gereicht werden für Pflichtaufgaben. Das sind in der Mehrzahl Ausgaben für Soziales. Frei verfügbare Mittel sind daher gering. Aus der Sicht der Freien Demokraten sind die Vorgaben des Senates für den noch zu verabschiedenden berlinweiten Haushaltsplan daher nicht akzeptabel.

Es besteht für nicht ausgegebene ca. 26 Millionen Euro aus der Corona-Krise die Gefahr, dass sie für Prestigeprojekte des Senats einbehalten werden, es wären Gelder, die dieser nur dann auszahlt, wenn Projekte in den Bezirken den Vorstellungen des Senats entsprechen. „Dies wäre jedoch eine klare Klientelpolitik für den Senat und kommt in keinster Weise den spezifischen Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger in den verschiedenen Bezirken nach“, kritisiert die Fraktionsvorsitzende der Freien Demokraten in der BVV Steglitz-Zehlendorf, Mathia Specht-Habbel.

Bei den zusätzlichen Aufgaben, die der Senat den Bezirken auferlegt, wird zudem regelmäßig das Personal vergessen. Nicht nur der wertschätzende Aspekt für die Angestellten in den Verwaltungen gehe verloren, auch der anhaltende hohe Personalmangel stelle die Bezirke weiter vor große Herausforderungen. Zudem blende der Senat Unwägbarkeiten aus, welche die Ausgabenseite risikobehaftet machten. Energiekosten beispielsweise sind bei allgemein steigenden Kosten nicht verhandelbar. Für die Bezirkshaushalte bedeutet das, dass sie zwar erstellt, aber bereits als überholt gelten können. Mitte März kamen die Preiserhöhungsankündigungen ab dem 1. Mai dieses Jahres. Sie werden die Strom- und Gaspreise drastisch erhöhen, beim Gas um ca. 145 Prozent. Wenn die Gelder der Stromrechnung basis- korrigiert dem Bezirk überwiesen werden, so werden auch im Landes- haushalt die Löcher wieder größer.

Specht-Habbel kritisiert zudem, dass den einzelnen Schulen im Bezirk jetzt nur noch 3000 Euro pro Jahr zur freien Verfügung stehen – in der letzten Legislatur waren es 25.617 Euro. „Wir Freien Demokraten halten es für wichtig, die Eigenverantwortung vor Ort zu stärken und nicht die Schulen in eine Art Bettelhaltung gegenüber dem Senat zu bringen“, bringt es Specht-Habbel auf den Punkt.

Auch wenn die Fraktionen der Opposition in der BVV der Zählgemeinschaft aus FDP, Grünen und FDP die Schuld an der schlechten Verfassung des Bezirkshaushalts geben wollen und nicht den großen Wurf in der Haushaltsplanung sehen, so hat die Zählgemeinschaft in dieser eine nicht unwichtige Weiche für mehr Transparenz gestellt: 15.000 Euro sind noch 2022 für das Streaming der BVV eingestellt worden. Ein erster Schritt zu mehr Teilhabe und bürgernaher Demokratie in Steglitz-Zehlendorf – trotz angespannter Finanzlage.

Dieser Beitrag erschien zuerst in Unser Südwesten - Beilage in der Berliner Woche (Ausgabe 16. April 2022).