Der Tagesspiegel (19.06.2025)
Nur eine Ablenkung von der Iltisstraße?19. Juni 2025

Aktives Gedenken an Volksaufstand von 1953

In dieser Woche haben die Bezirksverordnetenversammlung und das Bezirksamt am Holzkreuz in Nikolassee der Opfer des Volksaufstands von 1953 gedacht.
„Dieses Gedenken an durch Sowjet-Panzer blutig niedergeschlagene Demonstrationen der DDR-Bürger für Freiheit, Demokratie und bessere Lebensbedingungen hat im politischen Raum Tradition, muss jedoch wieder viel stärker im öffentlichen Diskurs wahrgenommen werden“, gibt die kulturpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion Katharina Concu zu bedenken. Bis zur Einführung des Tags der Deutschen Einheit am 3. Oktober als bundesweiter Feiertag war der 17. Juni der Staatsfeiertag der Bundesrepublik Deutschland. Mit der Überwindung der deutschen Teilung trat der Gedenktag immer mehr in den Hintergrund und mit dem zunehmenden zeitlichen Abstand scheint das Gedenken an den 17. Juni 1953 in der Bevölkerung an Bedeutung zu verlieren. „Doch wenn wir heute sehen, wie die Menschen in der Ukraine für ihre Freiheit kämpfen, ist da die direkte Verbindung zu den Geschehnissen in der ehemaligen DDR.“, meint Concu und fügt mit Blick auf neueste Umfragen hinzu: „Fast 20 Prozent der Wählerinnen und Wähler in Berlin zeigen heute wieder Sympathien für sozialistisch geprägte Regime. Es ist die Pflicht der Politik aufzuklären, wohin das in der Vergangenheit in unserem Land geführt hat – nämlich zu Unfreiheit, Unterdrückung und Verfolgung.“

Die FDP-Fraktion begrüßt daher den Schritt des Bezirksamtes, endlich mit der Bundesbeauftragten für die Opfer der SED-Diktatur in Austausch zu gehen, um den Gedenkort in Nikolassee aufzuwerten und bekannter zu machen. „Wir Freie Demokraten könnten uns auch die Einbindung von Schülern oder Freiwilligen vorstellen, die einen Beitrag zur Pflege des Ortes und zum Gedenken leisten“, sagt Concu. Bisher fällt der Ort am Autobahnkreuz Zehlendorf in die Kategorie „Straßenbegleitgrün“, wie Concus Schriftliche Anfrage zeigt. Finanzielle Mittel für eine dem Gedenken angemessene Pflege gibt es derzeit nicht.

Zum historischen Hintergrund: Am 16. und 17. Juni 1953 gingen an 700 Orten in der ehemaligen DDR über eine Million Menschen zunächst für bessere Arbeitsbedigungen auf die die Straße. Dieser Arbeiteraufstand entwickelte sich binnen weniger Stunden zu einem Volksaufstand gegen das sozialistische System. Um den Drang der Menschen nach Freiheit, Demokratie und einem selbstbestimmten Leben zu unterbinden, setzten die Sowjets allein in Ost-Berlin 600 Panzer gegen die Menschen ein und walzten so den Aufstand nieder. Tod, Verfolgung und Verhaftungen waren die Folge. Vor diesem Hintergrund ist die Friedliche Revolution mit dem Mauerfall am 9. November 1989 und die daraufhin erfolgte Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 ein Wunder.