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Diskussion um Straßenumbenennungen

Fehler und Taten müssen benannt werden, meint die Fraktionsvorsitzende Mathia Specht-Habbel, wendet sich aber gegen ein reines Löschen von Personen aus der Geschichte im Straßenbild, da dies keine Erkenntnis für nachkommende Generationen bringe. „Ein Lernen aus unseren Fehlern und denen unserer Vorfahren muss weiter möglich sein.“
Die Diskussion um „Onkel-Toms-Hütte“, ausgelöst durch eine Online-Petition in diesem Sommer, füllte nicht nur die Zeitungen der Hauptstadt, sondern auch ausländische Titel wie die NZZ aus der Schweiz. Umbenennungen von Straßen, Plätzen und U-Bahn Stationen sind in aller Munde: Mohrenstraße in BerlinMitte oder Corrensplatz, Pacelliallee, Hindenburgdamm, Gallwitzallee, Maerckerweg oder Onkel-Tom-Straße im Bezirk Steglitz-Zehlendorf.

Auslöser solcher Diskussionen sind einzelne Personen, Gruppen, Parteien oder Organisationen, die auf Missstände aufmerksam machen wollen. Die Motive sind unterschiedlich und nicht immer klar definiert und erkennbar. Die FDP ist nicht generell für oder gegen eine Umbenennung, sondern will den Einzelfall prüfen.

Wie wichtig eine Einzelfallprüfung ist, zeigte sich auch vor Kurzem im Bildungs- und Kulturausschuss der BVV. Die Bezirksverordneten beschäftigte der Antrag auf Rückbenennung des Corrensplatzes, benannt nach dem Botaniker und Genetiker Carl Correns (1864-1933), der die Mendelschen Regeln wiederentdeckt hatte. Vor 82 Jahren wurde der Platz nach dem Bakteriologen August von Wassermann (1866-1925) benannt. Dessen Name sollte, aufgrund der Tatsache, dass er Jude war, 1938 ausgestrichen werden. Ein Unrecht, das ihm geschah. Da aber ein Fehlverhalten Correns nicht vorliegt, hat der Ausschuss auf Initiative der FDP beschlossen, für August von Wassermann einen geeigneten Platz zu finden, um ihm die Ehre, die ihm genommen wurde, zurückzugeben. Die BVV hat sich dem Votum des Ausschusses einstimmig angeschlossen.

Laut Specht-Habbel gilt es Beschlüsse sodann zeitnah umzusetzen, auch um wie bei Hindenburg, Gallwitz oder Maercker Einwänden beispielsweise von Vertriebenenverbänden zuvorzukommen, die eine Verunglimpfung westpreußischer Militärs vermuten.

Zurück zu „Onkel-Toms-Hütte“: Ob der Kiez mit Straße und U-Bahnhof mit seinem Namen nach dem Roman „Onkel Toms Hütte“ von Harriet Beecher Stowe benannt ist oder nach dem Wirt Thomas, dessen Lokal aus einzelnen Hütten bestand, ist nicht endgültig geklärt. „Die Online-Petition als Befindlichkeit einer einzelnen Person abzutun, wäre unfair“, so Specht-Habbel. Sie meint, dass Konflikte benannt werden dürfen, doch alte Wunden nicht aufreißen sollten. „Ein Gespräch zu führen oder in einer Veranstaltung das Pro und Contra versuchen zu klären, scheint ein notwendiger Weg.“ Zumindest sollte aber durch eine Stele oder Hinweistafel auf den Sachverhalt hingewiesen werden, denn Straßennamen kennen keine Stunde Null.